Meine Sympathien für den holländischen Fußball halten sich gemeinhin in Grenzen, aber gestern trotzte ich meiner bleiernen Müdigkeit immerhin so lange, um noch das Post-Match Interview mit dem niederländischen Torwart mitzubekommen, und der tat mir richtig, richtig Leid. Noch leider als die weinenden Brasilianer am Tag zuvor. Die wurden nach dem Spiel von ihren Gegnern liebevoll umarmt und waren immerhin Zeugen eines historischen Ereignisses. Letzteres wird sie kaum trösten, aber besser doch mitten in einer handfesten Katastrophe zu stehen als so ganz unspektakulär das Vertrauen entzogen zu bekommen und dann die Pleite auch noch selber ausbaden zu müssen.

Was war geschehen? Im Spiel zuvor entmachtete Louis van Gaal seinen Stammtorwart Jasper Cillessen und wechselte ohne dessen Wissen oder Einverständnis den angeblichen Elfmeterkiller und professionellen Unsympathen Tim Krul ein. Ein Trick, der in jenem Spiel funktionierte, jedoch nicht zweimal nacheinander anzuwenden ist. Hat wohl nicht mit einem weiteren Shootout gerechnet, der van Gaal. Gegen Argentinien musste er wohl oder übel Cillessen drin lassen. Eben noch der Torwart, der keinen Elfmeter halten kann, jetzt auf einmal derjenige, der den Einzug ins WM-Finale klarmachen soll.

Es kam, wie es kommen musste. Seine Kollegen verschossen ihre Chancen und Cillessen konnte nur mit versteinertem Gesicht realisieren, dass er nicht im Endspiel steht. Und er steht nicht nur nicht im Endspiel, er stand gestern ganz allein da. Nicht vor dem Elfmeterschießen – da kreiste dieser Krul um ihm herum wie ein Geier, machte andauernd Anstalten, als wolle er sich selbst einwechseln, und hatte ansonsten offensichtlich nichts produktives zur Situation beizutragen. Im Gegenteil – meine Mitguckerin konstatierte eine graue Wolke, die um ihn herumschwebte, und mit der er seinen vermeintlichen Kameraden quasi einhüllte. Das könnte ja nichts werden, meinte sie. Und sie behielt Recht. Und nach dem Elfmeterschießen hat niemand Cillessen in den Arm genommen und getröstet und gesagt, weißt du was, Jasper, nachher in der Kabine hauen wir zusammen dem van Gaal, diesem Missachter sportlichen Anstands, eine rein und stecken den Krul kopfüber in die Eistonne.