Ja, klar, Deutschland hatte gestern mehr Chancen in einem Spiel als manch andere Mannschaft in einem gesamten Tournier und sie sträflich ungenutzt gelassen. Das war schwer zu ertragen und auch durch das gefühlte emotionale Dauerstreicheln des journaillistischen Kommentars nicht. Khedira war auch nur mittelprächtig unterwegs, generell hat sich das Mittelfeld eher durchschnittlich angestellt. Kimmich eine Entdeckung, das stimmt. Aber der echte Matchwinner, ich trau’s mich kaum zu sagen, war doch Jogi mit seiner Taktik. Gut reagiert hat er auf das Problem, dass im Angriff keinerlei Räume zu finden waren, indem er Kimmich und Hector anscheinend die Anweisung gegeben hat, maximal einen Zentimeter von der Außenlinie abzuweichen (Kimmich hat da nur halb zugehört) und plötzlich war das Spiel tatsächlich auf die ganze Breite des Platzes verteilt und es sah nicht mehr so aus, als hätten die Deutschen einen, zwei Mann weniger auf dem Platz als die Ukrainer und besonders die Polen.

So kann man auch gegen Mannschaften gewinnen, die sich konsequent hinten reinstellen, eine Taktik, die Kommentator Steffen Simon als kennzeichnend für „kein Fußballspiel“ betrachtet. Da muss ich ihm mal ausnahmsweise (not!!!) widersprechen. Wieso soll das kein Fußballspiel sein? Immer heißt es, es gibt keine Kleinen mehr, aber wir denken ja offensichtlich doch weiterhin, dass sich Mannschaften wie Nordirland und Albanien wie Kanonenfutter aufopfern sollen, tapfer kämpfen, ja, niedliche Fans haben, die noch zwanzig Minuten nach Spielende singen und tanzen, sehr gern, aber weiterkommen, auch noch, indem sie den Gegner vor die intellektuelle Aufgabe stellen, einen Weg durch die oft abschätzig so bezeichnete „vielbeinige Abwehr“ zu finden, das dürfen sie dann nicht. Aber wer sich nun mal für so eine EM qualifiziert hat (und das ja teilweise gar nicht mal mit dem Lokusdeckel in der Hand, sondern als Quali-Gruppensieger), bei der gleich vier Gruppendritte weiterkommen, der will die nächste Runde erreichen, auch wenn es dem einen oder anderen vielleicht wie Majestätsbeleidigung erscheint. Das hat etwas schwer Koloniales. Klar macht es mehr Spaß zu sehen, wie die Kroaten einem – zugegeben eher schwächelnden – großen Gegner wie Spanien mal zeigen wo der Hammer hängt. Aber jeder wie er kann, und die Turnierregeln haben die sogenannten Kleinen wie die Isländer ja nicht gemacht. Heul doch, sagen die mit Recht einem Christiano Ronaldo – der kann sich ja demnächst bei Jogi als Taktik-Azubi verdingen und sehen, wie man’s besser macht.

Ein Gedanke auf \"Taktik-Winner\"

  1. Gut gebrullt, Löwe! Die Kleinen werden eben flügge. Zum Gluck fur uns Zuschauer!!

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