Zugegeben, 94 Minuten lang war ich dem Herzinfarkt nahe. 15 Minuten Anfangs-Drangphase, dann teilweise quälende Verkrampftheit, haarsträubende Abspielfehler, das Klopp’sche Diktum vom „ihr müsst mehr Spaß am Gewinnen haben als Angst vorm Verlieren“ auf den Kopf gestellt. Verpasste Großchancen (siehe älteren Blogbeitrag, das scheint das Motto der WM 2018 zu sein). Ordentlich Blut auf dem Platz verteilt. Gelb-Rot für einen von Deutschlands besten Spielern, der bitter fehlen wird gegen Südkorea. Ein brachialer Pfostenknaller. Als No-Go-Gomez ins Spiel kam war ich sicher, jetzt ist es vorbei. Hätte ich mir nicht schon bei seiner Einwechslung vorsorglich ein Trostbier aufgemacht, hätte ich ihn spätestens an seinem patentierten Move „Ich dreh mich mal im Strafraum um die eigene Achse und schlag nach dem Ball, der aber ganz woanders ist“ erkannt. Getippt hatte ich 1:1 und hab mich trotzdem aufgeregt, als wäre ich es, deren Altersbezüge auf dem Spiel standen, und nicht Jogi. Dessen Frisur zeigte, was in uns allen vorging – fortgeschrittenes Aufgelöstsein (oder im Hotelbadezimmer, brillenlos, statt dem Schampoo die Seife erwischt, passiert uns allen mal). Aber als Toni Kroos in der 95. Minute zum Freistoß ging, war ich plötzlich völlig ruhig. Weil, das hier:

Der kann das, wusste ich. Der weiß, wie das geht. Der hat’s schon mal gemacht. Andere Ecke, aber eindeutig: das haben die Brüder als Jungs im Garten zusammen geübt. Dass ich danach trotzdem explodiert bin wie ein Silvesterknaller, klar. Es gibt nichts schöneres als ein Last-Minute-Goal. Und dazu noch ein verdientes. Und ein so schönes. Es kann natürlich auch sehr wehtun (wir erinnern uns – Brasilien gegen Costa Rica …) Aber die Schweden waren nicht wirklich gut, haben viel zu wenig für das Spiel getan und – sehr clever – Zeit verzögert. Alles im Rahmen des Erlaubten, nur belohnt werden muss es nicht auch noch.