KUYNEY

So, ich bin offiziell verliebt. Prof. Dr. Kuypers, Anti-Macho, Kindergärtner extraordinaire, der Mann mit einer klareren Körpersprache als Pan Tau – großartiger kann man ein Spiel kaum pfeifen. Kuypers zeigt Neymar, was ein echter Mann ist, der Fehler zugeben kann und gleichzeitig die Autorität von, na, mindestens, Gott hat. Sowieso wird die WM langsam zu der meinen, seit Keilor Navas, dessen Stern am Torhüterhimmel spätestens mit der letzten WM aufging, im Costaricanischen Tor steht wie ein Gummibaum. Ich bin jedenfalls restlos begeistert, egal, wie das Ding jetzt ausgeht (wir schreiben die 85. Minute)

BELPAN

Ich bekomme gerade akute Albträume bei der Vorstellung, dass eine belgische Offensive auf eine deutsche Defensive treffen könnte. Lukaku würde wie ein ungebremster Güterzug auf unseren Schönling Hummels zurasen. Zweistellige Scores tanzen vor meinen geschlossenen Augen.

Übersetzungsfehler

‚Was heißt eigentlich „pomadig“ auf Englisch?‘, fragte mich einst ein Fußballkumpel. Seit gestern weiß ich, es heißt „Deutsche Herren-Fußballnationalmannschaft“. Ich hoffe, die Mexikaner haben sehr viel Geld dafür bekommen, dass sie gefühlte 80 Großchancen liegengelassen haben. Der Kommentar attestierte ihnen aber Organisation und Disziplin, gemeinhin als germanische Tugenden bekannt. Wahrscheinlich haben sie bei der deutschen Nationalhymne mitgesungen, ich weiß es nicht. Zum Zeitpunkt der Überprüfung nationaler Identität saß ich noch in einer Berliner S-Bahn, umringt von Nicht-Biodeutschen und Touristen, auf dem Heimweg von der Orchesterprobe, wo wir ebenfalls nicht gesungen haben. Aber Bach gespielt. Weist mich das als Deutsch genug aus? Keine Ahnung. Ich singe die Hymne auch nicht mit, sollte ich jemals eine Goldmedaille im Speed-Flötenspielen gewinnen, und bin undeutsch genug zu attestieren, dass dieses Team wenig Chancen auf ein Weiterkommen hat. Jogi will Kleinigkeiten ändern, sagt er: Dem sind doch eindeutig die Haare zu weit über die Augen gewachsen, wenn er nicht sieht, was hier los ist. Denn pomadiges Auftreten war definitiv nicht das einzige Problem. Verlieren ist nicht schlimm, würde mir auch keine großen Sorgen machen. Schlecht spielen aus Unfähigkeit, das deutet allerdings auf ein frühes Aus bei dieser WM. Lahm fehlte, dafür – Achtung schlimmes Wortspiel – sahen Boateng & Co. definitiv lahm aus. Kimmich war nicht auf dem Platz, Özil auch definitiv woanders, der einzige, der sich beim Aufwärmen mal angesehen hatte, wo die Tore sind, war Kroos. Keine genialen Laufwege von Müller, kein schöner Pass von Khedira, und Neuer hätte den mexikanischen Torschuss durchaus parieren können, auch wenn sich das niemand zu sagen traut. Die gesamte Mannschaft wirkte, als habe sie am Morgen noch ein knallhartes Gewichttraining absolviert und könnte sich vor Muskelkater kaum rühren. Jetzt mal ehrlich – dann bitte eine ausschweifende Feier im Puff. Das scheint doch die bessere Vorbereitung zu sein; zumindest wirkten die Mexikaner deutlich entkrampfter.

Nun ja, heute Abend spielt mein WM-Favorit England und ich hoffe, die hauen jetzt echt mal einen raus. God shave the queen!

CRONGA

Jetzt versteh ich das mit dem Videobeweis. Es ist die einzig sinnvolle Art, wie der Rest der Welt die Zeit verbringen kann, die diskutierende Fußballer verschwenden. In der Bundesliga klappt das ja noch nicht so, aber bei der WM 2018 wird einfach gecheckt während die Spieler noch lamentierende Rudel um den Schiri auf dem Platz bilden. Ich werde langsam Fan. Ansonsten ist das Spiel eher fade und ich spare mir meine Late Night Energie für andere Tage auf. Gute N8.

Schon wieder Wiederholung

Das bleibt anscheinend so. Jedes Mal, wenn ich den Fernseher einschalte, denke ich, es ist vor vier Jahren. Oder vor 8. Oder vor immer wenn sich Australien qualifiziert hat. Sie spielen ihr erstes Spiel gegen einen großen Gegner, der wiederum anscheinend versäumt hat, sich zu erkundigen, dass Australien auch ein paar anständige Fußballer hat. Warum auch nicht? Die große Fußballnation verliert sogleich die Lust, Australien dann irgendwann die Nerven und die Kondition, und am Ende gewinnt die große Nation komplett unverdient und die wackeren Australier wissen schon jetzt, dass es für sie nicht sehr weit gehen wird. Schade eigentlich. Schon dem Trainerduo hätte ich es irgendwie gegönnt. Ich vermisse Holland. Echt? Ja. Ein bisschen schon.

Marokko – Iran

Marokko legt los wie die Feuerwehr und Iran kann zunächst nur auf bewährte Weapons of Mass Destruction zurückgreifen. Ja ich weiß, die vermutete ein gewisser amerikanischer Präsident im Irak, nicht im Iran, aber der hat ja sich nicht auf dem Fußballplatz gesucht. Wahrscheinlich waren die Iraner aber nur genauso verwirrt wie ich als sie den französischen Trainer Marokkos sahen. Das ist nämlich Pierre Brice!!! Jetzt spielen sie aber Fußball und das können sie. Das Spiel belohnt bis jetzt.